Am Donnerstag wurde der Straßenkarneval eingeleitet. Um 11:11 ging es in der Altstadt los, unaufhaltsam über den Süden durch die ganze Stadt - laut, ungestüm, verregnet, kalt und ungemütlich. Das ist nicht immer so. Manchmal ist es auch laut, ungestüm, sonnig und warm. Auf jeden Fall geht das dann so weiter bis Aschermittwoch, bzw. bis zum Dienstag davor, an dessen Abend eine arme Puppe, „et Nubbel“ durch die Strassen geschliffen wird, um dann hinterhältig verbrannt zu werden.
Ich bin so was wie ein Karnevals-Grinch ohne Happy Ending. Eine in Köln lebende nicht am Karneval teilnehmende Person. Allerdings bin ich nicht grün und habe keine schlechte Erfahrungen mit Karneval in der Kindheit gehabt. Die Reaktion auf solch ein Outing ist meist so, als würde man seinen (noch besser: zukünftigen) Schwiegereltern sagen, man fände ihr Sonntagsgeschirr spießig. Oder den Weihnachtsmann hässlich. Meist gibt es drei Stufen:
a) Irritation
b) Frustration
c) Resignation
Es gehört sich eben einfach nicht, in Köln zu leben und den Karneval zu boykottieren. Ich glaube den letzten Rest haben mir die fünf Jahre in Wien gegeben. Dort wird kein Straßenkarneval gefeiert und ich habe es auch nicht vermisst. Wer mag kann hinter verschlossenen Türen Fasching auf Bällen feiern und Krapfen essen. Fertig.
Als ich nach Jahren wieder nach Köln zurückkam, hatte ich vermutlich an Weiberfastnacht 2006 das Schlüsselerlebnis für meine nun anhaltende Karnevalsphobie. Ich erlebte in den Kölner Verkehrsbetrieben der Linie 1 von Junkersdorf in die Innenstadt einen Kulturschock. Ich war gerade 5 Monate wieder in Köln. An der Haltestelle Rhein-Energiestadion enterten etwa 100 Mann die Straßenbahn. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich Weiberfastnacht ignoriert oder verdrängt. Beides wohl. Nicht verkleidet, bepackt mir Einkaufstüten und maßlos irritiert, saß ich, eingezwängt zwischen Marsmännchen, Zuhältern und Funkemariechen. Das waren 10 Stationen zuviel. Am Neumarkt stieg ich völlig nass geschwitzt aus.
Aber ich will ja hier keinesfalls schlechte Stimmung verbreiten. Ich bin nämlich auch der Meinung: wer ordentlich feiert, braucht auch ordentlich was zum Essen. Ich muß ja nicht mitmachen, beim Feiern. Also beim Karneval-Feiern. Ich kann ja auch so feiern und essen. Und zwar Erbsensuppe, wenn ich vom Spazierengehen total durchgefroren bin, oder Reibekuchen so „für zwischendurch“, oder Mutzenmandeln, weil die so lecker süß sind und den Heringssalat heb' ich mir als Katerfrühstück auf. Für welchen Kater auch immer.
So, viel Spaß nun, ihr Jecken. Feiert schön - ohne mich ;))